Der Name tritt in den Schreibweisen Reinhard, Reinhart und Reinhardt auf.
Der dtv-Atlas Namenkunde nennt als Ursprung des Familiennamens den gleichlautenden zweigliedrigen germanischen Rufnamen, ursprünglich wohl auf ragin/regin, „Ratschluß (des Schicksals?)“, + hart, „hart, streng (als Krieger)“, zurückgehend.
In Linnes tritt der Familienname Reinhard nur kurze Zeit, zu Beginn der erhaltenen Kirchenbuchaufzeichnungen, auf.
In den
Einwohnerlisten des Amtes Gießen von Otto Stumpf wird der Name 1660 in Linnes
zum ersten Mal genannt:
Johann Reinhard u. Elisabeth.
Woher Johann Reinhard stammte, ist bisher unbekannt.
In Leihgestern wird in den Einwohnerlisten 1589-1599 Caspar Reinhardt genannt.
In den Centgerichtsakten Linnes wird 1625 Curdt Reinhartt, Schultheiß zu Heuchlem (Nummer 3228 im Familienbuch Gießen von Otto Stumpf) genannt.
Johann Reinhard ist Wirt in Lindes, wahrscheinlich zuerst noch der einzige. Der Name seiner Gastwirtschaft ist bisher nicht zu ermitteln gewesen. Es könnte aber die "Güldene Krone" oder ein Vorläufer gewesen sein. Johann Jacob Schupp aus Lützellinden, der eine Enkelin von Johann Reinhard heiratet, wird später als „berühmter Gasthalter zur Güldenen Crone“ bezeichnet. Eine andere Enkelin ist mit dem Hirschwirt Johann Balthasar Lentz verheiratet.
Nicht zu ermitteln war auch bisher, ob Johann Reinhard in eine schon bestehende Gastwirtschaft einheiratete, oder ob er sie gründete, ersteres ist wahrscheinlicher.
Nach einer Notiz im Nachlaß von Friedrich Wilhelm Weitershaus (Stadtarchiv Gießen), heiratete Johann Reinhard „Anna Elisabeth Abel, Peters Witwe“. Es ist leider zu der Notiz keine Quellenangabe vorhanden. Peter Abel erscheint in den Centgerichtsakten und in den Einwohnerlisten immer als Abel Peter.
Den
22 May Ao 1644 erscheint in einer Liste
Neue
Centner des Centgerichts zum Lindes:
Johannes
Reinhardt zue Lindes.
1642 finden wir in der Liste der Ahm
Centgericht Zue Lindes durch Wilhelm Eckel feldschützen
den
30.t. Junij eingebrachte rügen:
Abel
Peters Wittib hat vf der gemeindt
weidt eine gantze Last gegrast.
In einer nicht datierten Liste der
Centner von Linnes erscheint:
Abel
Peters ww / moto Joh. Reinhard
Der zweite Teil ist wohl später nachgetragen worden. Dies bedeutet, daß der Besitz von Abel Peters Witwe innerhalb des Centbanns nun „im Gebrauch“ von Johann Reinhard ist. Daraus ist die obige Notiz von Herrn Weitershaus abzuleiten. Die Heirat muß demnach vor dem 22. Mai 1644 gewesen sein.
Den
Familiennamen der Frau wissen wir nicht. Sie stirbt am 17. März 1677. Der
Eintrag im KB 2 lautet:
A.
Elisab., Joh. Reinhard uxor, 65 J. Demnach wurde sie um 1612 geboren.
Der Sterbeintrag von Johann Reinhard enthält keine Altersangabe. Er starb am 26. August 1692 in Linnes.
Johann Reinhard ist 1668 Bürgermeister in Linnes.
Als zu Pfarrer Weigels Zeiten wohl noch einziger Wirt in Linnes zog er sich öfters dessen Unmut zu.
Einige Notizen aus Pfarrer Weigels (Vigelius) Tagebuch (Protocollum) sind im Linneser Backschießer, Ausgabe 49, in dem Artikel Linneser Gastronomie in vergangenen Zeiten von Ernst Ludwig Theiß und Gerd Steinmüller zitiert.
Hier noch einige Nennungen von Johann Reinhard in diesem Tagebuch:
den 30. 10br.(1666) habe ich das Schreiben des H. Superintendenten, den Bus- fast= und bettag auf den neuenJahrstag betreffent, angekündiget, hie und Zu Lindes.
Alß wir Zu Lindes aus der Kyrch giengen, hatte Enders Spanheimer des Johan Reinhards sohn Johann-Petern, der sich mit Jois Spanheimers sohn Johannesen genarret, vor der Kyrchenthür in das gesicht geschlagen, dz ihm die nase über die gassen hin bis nach Hauß geblutet, welches mihr Johann Reinhard hernach in des Opfermanns Hauß klagte, ob ich es strafen wölte, oder wölte er ihn vor der Obrigkeit verklagen. Erlaubte ich ihm dieses, begerete doch, noch ein wenig darmit inZuhalten, ich wölte ihn erst vornehmen und daruber sprechen.
den 20. ejusd. (Juli 1668) hat der Kastenmeister durch Johannes Bicken lassen mit einem Karrn Kalck von Lindes holen, darfur Johann Reinhard 5. alb forderte.
den 27. 10br. (1668) wehlete Johann Reinhard Zu Lindes, an seiner stat, Conrad Beckern, zum Burgmeister aufs künftige Jahr.
den 18. Jun. (1669) habe ich monatl. Bettag des morgens erst Zu Lindes gehalten, Text aus dem vergang. SonntagsEvangelio Luc. 16. v. 22.23. bis in den 24. auf die worte: Erbarm sich mein. Kil. imitiret und Dieteric. in Cateches: de vita aterna et de inferno. Im Kyrchen Convent Zeygten mihr die Senioren an, daß die junge ledige burß, auch junge männer, immer auf die Feyertage in Johann Reinhardß Hauß spielten und söffen; wölten darvon nit ablassen, gäben auf sie nichts.
den
14. Maji (1681) ...
Eod.
habe ich Enchen, Joh. Jacob Weigelß fraw von Lindes (welche ich Zuvor im
Catechismo verhöret,) und Johann Reinharden (welcher wegen unpäßlichkeit nit
kame:) ein Zeugnuß Zusammen gegeben, an das Predigambt Zu giessen, alda sie
folgenten Tag (15. dieseß) Johannes Gerharden, einem Zimmermann, ihrem Schützen,
eine junge tochter heben solten. gab sie mihr 5. alb.
Von Johann Reinhard und seiner Frau Anna Elisabetha sind nur drei Kinder bekannt.
Das jüngste, die am 24. August 1655 geborene Tochter Anna Elisabetha stirbt schon am 21. August 1657.
Der älteste Sohn, Johann Daniel, wird am 7. März 1649 in Gießen getauft. Warum die Familie sich zu dieser Zeit in Gießen aufhielt, ist mir nicht bekannt. Der Dreißigjährige Krieg, als vor allem 1640 die meisten oder alle Linneser sich hinter den Wall der Stadt Gießen geflüchtet hatten und einige Geburten in Gießen dokumentiert sind, war vorüber.
Johann Daniel Reinhard starb am 23. Februar 1728 in Linnes. Er wird als Centgerichtsschöffe genannt. Ob er die Gastwirtschaft seines Vaters einmal führte, ist bisher nicht bekannt.
Er heiratete um 1677 Anna Elisabetha Peter und hatte sieben Kinder mit ihr, von denen sechs aber schon als Kleinkinder verstarben. Die Tochter Anna Maria, 14. Oktober 1687 bis 2. Oktober 1750, heiratete am 15. November 1705 den Johann Balthasar Lentz, 19. März 1677 bis 25. Mai 1743, der später als Hirschwirt genannt wird.
Der zweite Sohn, Johann Peter, wurde um 1651 (err.) geboren und starb am 28. Februar 1688. Er war der zweite Ehemann von Anna Eulalia Langsdorf, die drei Ehen in Linnes einging.
Er hatte 7 Kinder mit ihr, von denen 5 klein starben.
Die Tochter Elisabetha Catharina heiratete am 6. Mai 1677 den Müller Johann Caspar Max, der um 1672 in Watzenborn geboren wurde und am 16. Dezember 1721 in Naunheim starb.
Der Sohn Johann Caspar, 12. Juli 1674 bis 5. Juli 1728, Centgerichtsschöffe und Kirchensenior, heiratete in erster Ehe am 27. Oktober 1693 Anna Margaretha Weller aus Heuchelheim, mit der er drei Kinder hatte. Aus seiner zweiten Ehe, die er am 26. Oktober 1700 mit Anna Maria Amend aus Heuchelheim einging, sind keine Kinder bekannt.
Nur eine Tochter aus der ersten Ehe, Elisabetha Catharina, 2. Februar 1696 bis 16. August 1753, erreichte das heiratsfähige Alter. Sie ging am 16. Oktober 1715 die Ehe mit Johann Jacob Schupp aus Lützellinden ein. Dieser war Gasthalter zur Güldenen Krone.
Mit Johann Caspar Reinhard verschwand dieser Familienname in Linnes.
Über die Töchter sind die Reinhard aber doch bei vielen Linnesern in der Ahnenliste enthalten.