Auch dieser Familienname taucht in vielen Schreibweisen auf. Die häufigsten sind Neidel, Neitel, Neytel, Neitell, Neydel. Auch Niddel und ähnliche Varianten kommen vor.
Der dtv- Atlas Namenkunde nennt den Namen in keiner Form.
Mir ist bisher keine Herleitung bekannt.
In Linnes werden in der Leibeigenbeede
nach Gißen in den Einwohnerlisten von Otto Stumpf 1660 erstmalig genannt:
Johannes Neidell u. Enchen.
Im Kirchenbuch Heuchelheim findet sich
folgender Eintrag:
Anno
1650. den 10. Iunius hatt des Ehrn geachte Johannes Neydels Eheleiblicher Sohn
Johannes mit Anna Johannes Annermanns(?) Dochter ihrn Christlichen Kirchgang
alhie gehalten.
Im Familienbuch Heuchelheim werden in einer späteren Randnotiz bei Nr. 63, für Johann Conrad Neidel von Lindes "Johannes N. und Anna Zimmermann, beide aus Heuchelheim" als Eltern angegeben.
Der Name ist im Kirchenbuch nicht als "Zimmermann" zu lesen, auch bei Manfred Schmidt in der KB-Abschrift wird nur "...mans Dochter" angegeben. Viel eher als "Zimmermann" heißt es Atnnermann oder Annermann. Ganz sicher ist aber der erste Buchstabe ein "A".
Ein Johannes Zimmermann wird in Heuchelheim weder bei Stumpf in den Listen genannt, noch taucht er im Kirchenbuch auf.
Johannes Neidels Frau Anna ist also viel wahrscheinlicher Johannes Andermanns von Lindes Tochter, damit Schwester von Johann Melchior Andermann. Es kommt mehrmals im KB Heuchelheim vor, daß die Herkunft eines Genannten, "von Lindes", vergessen wird. Vielleicht hat der Pfarrer es auch gar nicht für besonders erwähnenswert gehalten, denn in dieser Zeit bestand eine sehr starke Verbindung zwischen Heuchelheim und Linnes.
Auf der einen Seite wäre so erklärt, wieso Johannes Neidel nach Linnes kommt; auch, daß er sich später um das Begräbnis von Thönges Andermann kümmert; andererseits macht aber stutzig, daß Melchior Andermann nie als Pate bei seinen Kindern auftritt, und umgekehrt nie ein "Neidel" bei Andermann.
Daß Melchior Andermann aber vor seiner Heirat in Johannes Neidels Haus wohnte, siehe unten, Prot. Vig. 18. 9bris 1659, war dann aber wieder überzeugend genug, um doch Johannes Neidels Frau als eine Anna Andermann anzunehmen.
Zum Tod von Johannes Neidel notiert
Pfarrer Vigelius in seinem Tagebuch:
den
14. Maji (1679) spricht Paulus Kauß von Lindes an, über morgen (16. dieseß)
LeichPredigt Zuthun Johannes Neideln, welcher gestern abend ümb 7. uhr
gestorben [gestrichen: ungefehrlich]
55. Jahr alt. [darüber: und 3. monat
weniger 2 tage] Ist im Ehestand gewesen 29. Jahr. ErZeuget 10. Kinder, davon
noch 6. im Leben sind. 4. gestorben. 10 tage kranck gewesen, an hitzigem fieber
und Haubtschwachheit. Habe ich ihm
den
16. ejusd. die LeichPredigt gethan, aus Esa. 9. v. 6 [darüber:
Ewiger Vatter] und Psalm 63. v. 6. der ein vatter ist der waise, Aland 19.
Predigt des ander güldenen A.B.C. der vornem besten namen Jesu Christi unserß
Heilandß. H. Eckardß meineß Eidams. wolte mihr 15. alb geben: nahme ich 10.
Ließ ich die 5. Hielte aber mahlZeit mit ihr.
Bisher wurden nur 9 Kinder von ihm gefunden, von denen 6 bei seinem Tod noch lebten.
Im März 1652 wird der erste Sohn geboren, ausdrücklich so bezeichnet.
Dieses fehlende Kind ist wahrscheinlich eine Tochter gewesen, die dann etwa 9 Monate nach der Heirat der Eltern geboren ist und vielleicht bald, vor Beginn der Aufzeichnungen 1652, wieder verstarb.
Es gibt aber bisher keinen Beweis dafür. Es ist auch möglich, daß dieses 10. Kind ein Sohn war, und später geboren wurde. Sicher ist nur, daß das Kind 1679 schon verstorben war.
Es folgen noch einige weitere Einträge aus dem Tagebuch von Pfarrer Vigelius, in denen Johannes Neidel genannt wird:
den 19. 8br. (1659) spricht Johannes Neidel von Lindes an, morgen Thönges Andermann, so diesen morgen zwischen 2.und 3.uhrn gestorben, LeichPredigt Zuhalten. Ist heut 8. tage Kranck war 81. oder 82. Jahr ungefehrlich alt.
den 20. 8br. (1659) habe ich Thönges Andermann Zu Lindes LeichPredigt gehalten aus Ecclesiasta II.v.8. Secund Bidemb. gab mihr gev. Johannes Neidel 15.alb. vnd habe ich den 23. hernach mahlZeit mit ihnen gehalten. DarZu auch noch am letzten meine Hausfraw von Giessen her kam.
den 18. 9br. (1659) alß ich gen Lindes kam Zupredigen, sahe ich, dz gebick über die gaß her nach Joes Neidels Hauß gestrewet war. ward mihr erZehlet, es werr die nacht geschehen; weil Johann-Melchior Andermann, Hans Lentzen tochter Cathch(en) gefreyet, und abschlägig antwort bekommen hette. Zornete ich auf der Cantzel daruber.
den 22. 10br. (1672) spricht mich Joes Neidel Zu Lindes an, Johann-Hinrichen, Hinrich Jungen S. söhnlein, so heut morgen zwischen 6. und 7. uhr gestorben, morgen LeichPredigt Zuhalten.
den
25. mart. (1673) .....
Eod.
spricht mich Johannes Neidel Zu Lindes, [teilweise Papierschäden] ... Zinß
nachlaß Pension ...m Gotteskasten an, wegen seiner Pflegkinder, Marx Rinnen S.
Kinder von Heuchelheim. wil durch vorbitt des Pfarrerß von Heuchelheim beym H.
Superintendenten anhalten. welches ich bewilligte.
den
16. 7br. (1673) ....
Eod.
spricht mich auch Johannes Neidel daselbst her an, über morgen Engeln, Paulus
Kausen Hausfrauen, so auch an der rothen ruer kranck gewesen 14. tage, anfangs
gegangen, 8. tage lägerhaftig gewesen und gestern (15. 7br.) abends zwischen 7.
und 8. uhrn gestorben, ungefehrlich an 40 Jahr (oder etwas weniger) alt.
Der Vater von unserem Linneser Johannes
Neidel, Johannes
Neidel in Heuchelheim wird bei Otto Stumpf 1640 und 1660 als
Gerichtsschöffe genannt. 1629 heißt es: Johann
Neydell u. Cathr. st.frei.
Er wird am 22. November 1685 in
Heuchelheim begraben, der Eintrag lautet:
...
ist der Ehrliche alte Kreiß Johannes Neidel Christlich und ehrlich beärdiget
worden, seines Alters 86 Jahr 32
Wochen.
Seine Frau Catharina, von der wir keinen Familiennamen wissen, war schon am 6. August 1673 beerdigt worden. Vermutlich stammte sie aus Heuchelheim und Johannes Neidel heiratete ein, denn in den Einwohnerlisten gibt es vor ihm keine Neidel in Heuchelheim.
Konradt Reidt
schreibt
in seinem Buch Heuchelheim bei Giessen – Geschichte eines Dorfes im Lahnbogen auf
Seite 86:
Der Name Neidel tritt zum ersten Mal
in unserer Gegend im Jahre 1568 auf. Damals wird unter den Steuerzahlern in
Langgöns ein Georg Neidel genannt, der landgräflicher Schultheiß in Hüttenberg
war. Als solcher beteiligte er sich auch an den Grenzgängen um das Hüttenberger
Gebiet in den Jahren 1569 und 1572, wie wir aus dem „Instrument über die Hüttenbergische
Landtgrenze“ erfahren, von dem sich eine Abschrift in dem Salbuch von 1629 im
Archiv der Gießener Universität befindet. Etwa zu gleicher Zeit, nämlich im
Jahre 1586, saß ein Eberhard Neidel auf dem Hof Farnbach bei Breitungen (in der
Nähe von Bad Salzungen). Es ist wahrscheinlich, daß die Neidel aus jener
Gegend stammen.
Bei den Kindern des Linneser Johannes Neidel treten mehrfach Paten aus Hörnsheim auf. Deshalb war anzunehmen, daß die Familie auch dort Verwandte haben mußte.
In den Listen von Otto Stumpf findet sich dann zu Hörnsheim:
1599:
Jorg Niddel/Niedel st.fr.
1620:
Gorg Neydell 2x, 1x lg.
1629:
Jeorg Neytell (+10.12.1640 in Gießen - 70 Jahr alt)
1640:
(nur in der Kriegsschadensliste): Georg Neydel 16.
1660: Werden keine "Neidel"
mehr in Hörnsheim genannt.
Zu Georg Neidel aus Hörnsheim finden sich Sterbeeinträge in den Kirchenbüchern von Hörnsheim und Gießen. (Hinweis von Helmut Jung). Die Einträge lauten:
KB Hörnsheim: (1640) December. den 10. Jorg Neitell, Senior Ecclesia Hirnsheimensis. So auch nicht Zu Hörnsheim sondern wegen des damaligen sehr erbärmlichen Zustandts des Kriegswesens Zu Gießen begraben worden.
KB Gießen: Georg Neijttel, von Hirneßheijm, ein Wittiber 70 Jahr alt.
Auch im Jahr 1640, Martius den 7., war Catharina, Jorg Neitels Haußfraw in Hörnsheim begraben worden.
Georg Neidel von Hörnsheim wird 1618 auch im Vogteigerichtsbuch Allendorf/Lahn, genannt:
Ins. Velten Burgk zu Leigestern Gerichtlich Ingesetzt In sein Ahntheill VogtGutt so Ihme vom Vatter Hanß Burgk Ubergeben und Erblich hingestelt worden.
Ins. Johannes Burgk zu Linden dergleichen Gerichtlich Ingesetzt, In sein Ahntheill Vogt Gutt, so Ihme gleichfalß vom Vatter Erblich Ubergeben worden.
Ins. Jorg Neidell von Hornsheim dergleichen Gerichtlich Ingesetzt, In seiner Haußfrawen Catharinen Ahntheill VogtGut, so Ihr gleichfalß vom Vatter Erblich vbergeben worden.
Ins. Margaretha, Casparj Wagnerß Verlassen Wittib In Grossen Rechtenbach dergleichen Gerichtlich Ingesetzt, In Ihr Ahntheill VogtGutt so Ihr vom Vatter Erblich Vbergeben worden.
Nach diesem Eintrag ist seine Frau Catharina die Tochter von Hanß Burgk in Leihgestern.
Nach der Altersangabe im Sterbeeintrag muß Georg Neidel um 1570 geboren sein.
Er ist vermutlich ein Sohn oder ein Enkel des oben genannten Schultheiß Georg Neidel in Langgöns, dem ersten Namensträger in unserer Gegend. 1629 wird in Pohl-Göns noch Deiß Neydel genannt.
Georg Neidel in Hörnsheim kann sehr gut der Vater des Johannes Neidel in Heuchelheim sein, der um 1599 geboren sein muß.
Von Johannes
Neidel in Heuchelheim sind 3 Kinder bekannt.
Der err. 1624 geborene Sohn Johannes heiratet nach Linnes, siehe oben.
Die Tochter Anna, zu der es keinen Sterbeeintrag mit Altersangabe gibt, heiratet am 27. April 1657 Conrad Jung in Linnes.
Die err. am 23. Dezember 1641 geborene Tochter Catharina heiratet am 7. November 1664 in Heuchelheim Jacob Amend von der Sorger Mühle bei Allendorf/Lahn. Die Familie lebt in Heuchelheim.
In dem Sterbeeintrag des Linneser Johannes Neidel vom 14. Mai 1679, siehe oben, schreibt Pfarrer Vigelius, daß 6 seiner 10 Kinder noch leben. Diese Kinder sind:
Anna Margaretha, 22. September 1655 bis 26. Januar 1730 heiratet um 1686 den Schmied und Gerichtsschöffen Johannes Lentz. Es ist seine 2. Ehe. Von drei Kindern erreicht nur Sohn Johannes das Heiratsalter und gründet eine Familie.
Conrad, geboren am 29. Mai 1658 in Linnes, heiratet 1687 und 1694 in Heuchelheim, wo er auch lebt und am 18. August 1706 begraben wird. In Heuchelheim werden die Neidel sehr zahlreich.
Agnes, 22. September 1661 bis 13. September 1731, heiratet am 17. November 1687 in Linnes Johann Wilhelm Lentz. Das Paar hat fünf Kinder, von denen 3 eigene Familien gründen.
Lorentz, 25. Januar 1664 bis 2. Februar 1699, heiratet am 18. April 1695 Anna Elisabetha Weygel. Das Paar hat 2 Söhne von denen einer ganz klein stirbt. Der Sohn Johannes ist mit drei Jahren Waise, da die Mutter bald nach dem Vater stirbt, sie wird am 2. Juni 1695 begraben. Er heiratet später auch nach Heuchelheim.
Maria Elisabetha, das jüngste Kind von Johannes Neidel war am 10. September 1675 geboren worden. Sie lebte noch beim Tod des Vaters, starb aber am 20. Januar 1680.
Johann
Peter muß im Frühjahr 1672 geboren sein
(err.). Er heiratete am 8. November 1693
Catharina
Maria Weygel, Tochter des Schulmeisters Ludwig Weigel:
den
8. 9bris Peter Neydel zu Lindes mit Catharina Maria, Ludwig Weygels,
Schulmeisters Tochter daselbst ehelich copuliert worden.
Er löst seinen Schwiegervater in diesem Amt ab. Er ist von 1698 bis 1716 der dritte der bisher bekannten Schulmeister in Linnes.
Er starb am 10. November 1716; der
Eintrag lautet:
...
abends gegen 7 Uhr, ... mit 44
Jahr, 8 Monath, weniger etliche Tag. Schuldiener allhier, hat sein Amt wohl und
treu verrichtet.
Hassia sacra, Band X, Seite 48:
Johann
Peter Neidel von Klein=Linden, Sohns des Gemeinsmanns Johannes Neidel,
1698-1716(+) Lehrer in Klein=Linden. Sein Adjunkt war 1713-1716 sein
Schwiegersohn Johann Michael Daubner, der sein Nachfolger wurde.
Johann
Peter Neidel und Catharina Maria, geb. Weygel,
hatten
8 Kinder, von denen 4 eine Ehe eingingen.
Die Neidel breiten sich von Linnes aus nach Großen-Linden, Lollar und Steinbach aus.
In Linnes stellen sie den ersten, mir bisher bekannten, fürstlich großherzoglichen Ortsschultheißen.
Anthon Ludwig Neydel, 19.06.1712 - 10.12.1787, war mindestens ab 22.07.1777 Schulteiß in Linnes (Patenschaft seiner Tochter Anna Catharina). Er starb als gewesener Kirchen-Senior und Schulteiß dahier.
Heute nennt das Telefonbuch keinen Namensträger mehr in Linnes, in Heuchelheim (mit Kinzenbach) aber noch 16.
In Linnes ist aber noch der Dorfname Neidels bekannt.